Ich will’s einfach mal probieren. Zu beschreiben, was es bedeutet, für uns zumindest, meinen Mann und mich, Kunst und Alltag.
Also den Alltag zu meistern, das alleine ist schon Kunst. Aber Alltag und dann noch Kunst machen … schwierig. Wir beide haben kein Atelier mehr außerhalb der Wohnung. Zu teuer. Also arbeiten wir in der Wohnung. Unser Alltag beginnt mit dem Frühstück, meist mit einem guten Gespräch. Das bringt uns in Gang. Danach, es ergibt sich meisterns so, Begutachtung der Arbeit vom Abend zuvor. Hm, ob das so gut gelöst ist? Hm, der Arm der Skulptur muss weiter vorne ansetzen, also abschneiden und neu anbringen. Ja, so stimmt’s eher. Schleifen, sägen. (Staub erzeugen!)
Alles wieder voller Holzspäne und Staub. Jetzt gleich beseitigen? Lohnt noch nicht. Später.
Meine Arbeit sieht bei Tageslicht ganz anders aus als gestern Nacht. Getrocknete Mimosen und Perlen auf grauem Papier: ‚Lift-Off‘. Sieht aus wie’n Raketenstart. Na ja, war vielleicht doch etwas zu viel Rotwein dabei.
Die Kaffee-Bilder, die ich vor ein paar Wochen gemacht habe, finde ich besser. Kaffeepulver (Kaffee hat einfach scheußlich geschmeckt!) auf ‚Mon Cheri‘-Einwickelpapierchen. Mein Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit. Sustainability.
Weiter im Alltag. Also nach unserer ersten Lagebesprechung sollte zuerst alles andere Wichtige erledigt werden. Was kann denn überhaupt wichtiger sein als das, was man machen muss, um diese neuen Ideen umzusetzen? Und man will das ja nicht nur, man muss es tun. Sonst erzeugt dieses Nichtstun ein fast unerträgliches Unwohlsein. Ich habe eine Idee, die schnellstmöglich umgesetzt werden muss bevor sie verblasst. Dazu brauche ich Ruhe, Konzentration und Zeit. Viel Zeit. Aber da sind diese vielen kleinen und großen Tätigkeiten die sich dick und breit in meinen Tag drängen. Sie sind immer da: Wäsche waschen, Einkaufen, Kochen. Haushalt eben. Und dann das bisschen Dreck vom Vortag beseitigen. Aber das alles macht meistens mein, mein bestes Stück im Lauf des Tages. Denn ich gehe erstmal Brötchen verdienen. Fahre mit dem Rad zur Giselastraße. Meine U-Bahnstation. In der Bahn habe ich dann Ruhe. Meistens finde ich einen Sitzplatz, hole mein kleines kraftpapierfarbenes Spiralnotizbuch heraus und schreibe Erlebtes und Gelebtes auf. Manchmal zeichne ich auch ein kleines Befindlichkeitsportrait von mir dazu.
Weil ich aber nicht ewig jeden Tag los müssen will, brauche ich eine Alternative. Von unserer Kunst zu leben wird nicht einfach sein. Aber eines Tages, eines Tages, eines Tages …
Sich mit Kunst zu beschäftigen gibt Kraft. Kraft und Mut und Zuversicht. Ich liebe es samstags zu zweit auf den Bauernmarkt in der Türkenstraße zu gehen und anschließend in der Galerie Thomas Modern vorbei zu schauen. Dort wird alles ganz ruhig und friedlich in mir. Nichts reden, nur schauen.
Neulich war ich mal erkältet. In der Galerie TM geschah dann ein Wunder: Die lästigen Symptome waren wie weggeblasen.
Wenn ich später dann nach Hause komme duftet es schon herrlich aus der Küche. Das Beste für den Magen und die Seele. Falls es einen Wein oder ein Bierchen gibt (warum eigentlich das ‚chen‘?) muss ich aufpassen. Alkohol macht mich müde, satt und träge. Und dann ist es wieder da, das schlechte Gewissen gegenüber meiner Idee, die ich wieder auf den nächsten Abend aufschieben muss. Manchmal aber gelingt es mir, mich spät am Abend nochmal an die Arbeit zu machen. Die Müdigkeit verfliegt und ich schaue Stunden später in mein glückliches und zufriedenes Spiegelbild. Hat sich mal wieder gelohnt.